Ökologie im Garten
Übertragen auf den Garten bedeutet dies das Wissen über die Wechselbeziehungen zwischen Mensch, Tier und Pflanze. Im Garten dominiert in der Regel der Mensch, der dies ganz klar zum Ausdruck bringt, in dem er in Nützling und Schädling, Nutzpflanze und Unkraut seine Einteilung trifft. All zu starkes Schwarz-Weißdenken ohne Zusammenhänge zu erkennen, wird sich im Garten im Laufe der zeit negativ auswirken. Eine Vielfalt von verschiedenen standortgerechten Pflanzen und damit auch Tieren fördert dagegen eine gesunde Gartenbewirtschaftung. Schon mit kleinen Maßnahmen kann man viel erreichen.
Die Fassadenbegrünung bietet die Möglichkeit auch auf kleinsten Flächen großen ökologischen Nutzen zu erreichen. Notwendig ist es zwischen Selbstklimmern und Gerüstkletterern zu unterscheiden. Die sogenannten Selbstklimmer halten sich aktiv an der Wand fest. Sie sind nur dort sinnvoll wo nicht mehr gestrichen werden muß und das Mauerwerk oder die Fassade keine Schäden (Risse)aufweist, da sie nur mit hohem Aufwand wieder zu entfernen sind. Klassische Selbstklimmer sind der dreilappige Wilde Wein, der Efeu und die Kletterhortensie. Sie eignen sich hervorragend selbst größere Flächen zu begrünen und bieten vielen Tieren und Insekten einen Lebensraum. Auch ihre Auswirkung auf das Kleinklima ist beachtlich. Die Gerüstkletterer können sich nicht direkt an der Fassade festhalten, sie brauchen eine Kletterhilfe. Man unterscheidet im weiteren Sinne, Ranker, Schlinger und Spreizklimmer. Sie sind die Alternative, wenn aus oben genannten Gründen Selbstklimmer ausscheiden. Typische Schlinger sind z.B. Wisteria (Blauregen), Aristolochia (Pfeifenwinde), Fallopia (Schlingknöterich), Lonicera (Geißblatt), Humulus (Hopfen) und Kiwiarten.
Zu den Rankern zählen die Weinrebe, die Clematis(Weinrebe), die rankende Form des wilden Weines und andere. Spreizklimmer wie Kletterrosen oder Brombeeren bilden keine Rankorgane aus, sondern verkannten sich passiv mit ihren Stacheln. Ein einfaches Holzlattengerüst reicht hier zur Aufleitung der Triebe aus. Bei Gerüstkletterern ist es wichtig für jede Art das richtige Gerüst zu verwenden. Für Schlinger genügen gespannte Drähte, während Ranker ein Gitterstruktur bevorzugen. Die Behauptung, Fassadenbegrünung würde Ungeziefer ins Haus locken ist unsinnig. Mäuse und Rattenplagen haben belegbar andere Ursachen und Spinnen z.B. als Ungeziefer zu bezeichnen ist falsch, da sie als Insektenräuber für eine natürliche Regulation sorgen.
Nützlinge im Garten sind wichtige Helfer, da sie als Gegenspieler der sogenannten Schädlinge wirken. Nützlinge fördern heißt Lebensraum und Ernährungsgrundlagen für sie schaffen. Typische Blattlausvertilger wie die Schwebfliegenlarve braucht als erwachsenes Tier Blütenpollen zur Ernährung, nur die Larven sind räuberisch. In einem Garten in dem nicht das ganze Jahr über etwas blüht, aber auch keinerlei Blattläuse zu finden sind, wird sie nicht existieren können.
Wichtig ist es, im Garten Ruhezonen zu schaffen und gezielt Lebensräume aufzubauen, die nicht dauernd durch Pflegegänge gestört werden.
Steinriegel beispielsweise locken Eidechse, Blindschleiche und Ringelnatter an. Die beiden letzteren sind beachtliche Nacktschneckenvertilger. Reißig- und Steinhaufen sind Rückzugsbereiche für Mauswiesel, Spitzmaus und Igel. Unter einer Kraut- und Laubschicht fühlen sich Laufkäfer wohl, die ebenfalls beachtliche Räuber sind. Ebenfalls ist das Element Wasser sehr wichtig als Lebensraum im Garten. Ein fachlich einwandfrei angelegter Naturteich bieten vielen Tieren und Insekten Lebensraum. Wichtig ist es auch beim Gartenteich eine Vielfalt verschiedener Pflanzen in der Sumpf-, Flach-, und Tiefwasserzone einzuplanen. Auf jeden Fall sollte wenigstens eine kleine Pfütze im Garten nicht fehlen, da Insekten und Tiere Feuchtigkeit aufnehmen müssen.
Wasser ist ein kostbares Gut, mit dem wir behutsam umgehen müssen. Zum Gießen sollte kein Leitungswasser sondern Regenwasser verwendet werden. Wir müssen dem Regen auch die Möglichkeit geben versickern zu können und das Grundwasser zu speisen. Im Garten sollten versiegelte Flächen durch Teer und Beton die Ausnahme sein. Mit Rasengittersteinen, gepflasterten Flächen und Schrittplatten lassen sich optisch schön und ökologisch sinnvoll Wege und Plätze gestalten. Flachdachgaragen können anstatt der obligatorischen Kiesschüttung auch extensiv mit trockenstabilen Stauden, Kräutern und Gräsern begrünt werden. Die Wasserspeicherkapazität selbst bei geringer Substratstärke ist beachtlich. Ein Fachmann, z. B. der Landschaftsgärtner, berät Sie gerne über den richtigen Aufbau. In einigen Fällen ist eine Einzäunung des Gartens notwendig. Wenn es die Geländestruktur zuläßt sollte man auf Betonsockel oder Mauern verzichten und z.B. mit Holzlattenzäunen freien Durchgang für den Igel gewährleisten. Der Igel durchwandert auf Nahrungssuche nachts größere Flächen und wenn er auf Hindernisse stößt weicht er oft genug auf die Straße aus und wird überfahren. Eine natürliche Abgrenzung stellen Hecken dar, die auch vielen Tieren Lebensraum bieten können. Laubhecken z.B. aus Hainbuche oder Feldahorn sind zu bevorzugen. Auf jeden Fall sollte die Laubschicht unter den Hecken belassen werden, um Tieren und Insekten Lebensraum und Unterschlupf zu bieten. Leider ist es auf kleineren Flächen nicht möglich größere Bäume zu pflanzen. Wo genügend Platz vorhanden ist, sollte auf keinen Fall darauf verzichtet werden. Außer anderen Laubbäumen sind Obsthochstämme mit für die entsprechende Region geeigneten Sorten gut geeignet. Früher gab es den klassischen Hausbaum. Unter ihm haben Generationen gelebt, gelacht und gestritten. Er spendet Schatten, gute Luft und Schutz vor Unwetter. Eine 100 jährige Buche hat etwa 6 Millionen Blätter mit einer Blattoberfläche so groß wie 24 Fußballfelder. An einem Sonnentag nimmt sie Kohlendioxid aus 36 Millionen Liter Luft auf und gibt dabei Sauerstoff ab, der für 10 Menschen ausreicht. Etwa 400 Liter Wasser verdunstet sie an einem warmen Sommertag über ihre Blätter. Eine bessere Begründung Bäume zu pflanzen gibt es nicht.
Wir müssen weg von den Extremen und hin zur verständnisvollen, phantasievollen Gartenbewirtschaftung. Ein im negativen Sinne typischer "Ökogarten", in dem alles wächst wie es will, zeugt nicht unbedingt von Naturbewußtsein, sondern viel häufiger von der Faulheit des Besitzers. Genauso falsch ist es den Garten mit dem Wohnzimmer zu verwechseln, in dem man alles im Griff haben will und nichts zufälliges toleriert. Das Ziel ist die Verknüpfung von Ökologie und Ökonomie. Der Garten muß in miteinander vernetzte Räume aufgeteilt sein. Er kann einen Nutzgartenbereich, einen Spielbereich und einen Ruhebereich aufweisen, das eine muß das andere nicht ausschließen. Wir sollten unsere Gärten mit Herz und Verstand anlegen und sie als Lebensraum für uns, aber auch für Pflanzen und Tiere betrachten.
Rolf Heinzelmann, Stuttgart