Herbst

Flüssiges Gold

Apfessaft herstellen

Flüssiges Gold

Die Sorte macht's

Die Geschmackswerte der Apfelsorten resultieren aus dem Verhältnis der enthaltenen Zucker und Säuren. Dies bestätigt sich bei sämtlichen Geschmackstests. Einen Blick auf die Inhaltsstoffe des Golden-Cox-Abkömmlings ‘Rubinette’ erklärt, weshalb die Verbraucher schon seit mehreren Jahren dieser Sorte den ersten Rang einräumen (siehe O&G 7/99, S. 238: Apfel des Jahres). Kaum eine Apfelsorte bietet eine solche Aromafülle, verbunden mit überdurchschnittlich hohen Zucker- und Säuregehalten von 70 ° Oechsle bzw.
9 g/l Säure. Schnapsbrenner erzielen entsprechend hohe Ausbeuten und der daraus gewonnene sortenreine Edelbrand liefert ein intensives Apfelaroma.
Auch Safthersteller haben die Vorzüge von ‘Rubinette’ entdeckt. Saftwerte von 60 bis 70 ° Oechsle werden problemlos erreicht. Als besonderer Hausaperitif gilt ‘Rubinette’-Apfelsaft mit trockenem ‘Riesling’-Sekt. Kenner bezeichnen ‘Rubinette’ als ‘Riesling’ unter den Apfelsorten und geben der Züchtung damit den Rang des edelsten Geschmacksträgers. Da ‘Rubinette’ auch als Frischfrucht überaus begehrt ist, stehen viele Verarbeiter vor dem Problem, ausreichend Früchte aufzutreiben.

Zucker und Säure

Auch andere sortenreine Apfelsäfte bieten hohe Geschmackswerte, darunter ‘Cox Orange’, ‘Jonagold’ und ‘Elstar’, also die Sorten, die auch als Frucht zu den begehrtsten zählen. Sorten wie ‘Boskoop’ und ‘Glockenapfel’ liefern säurebetonte Säfte. Bei Zuckergehalten von 60 °Oechsle, also vergleichbar mit ‘Cox Orange’ oder ‘Elstar’, liegen die Säu-rewerte mit 12 g/l dreimal so hoch wie bei ‘Gloster’, ‘Gala’ oder der Frühsorte ‘Delbarestivale’ (Tabelle).
Auch die Äpfel aus Streuobstbeständen enthalten reichlich Säure. Die Fruchtsaftindustrie verwendet sie, um zu süße Import-Konzentrate zu verschneiden, also das nötige Zucker-Säure-Verhältnis in solchen Säften einzustellen.
In Bezug auf den Säurewert der Früchte spielt die Frische eine besondere Rolle. Am besten direkt nach der Ernte, spätestens aber bis Weihnachten sollten die Früchte verarbeitet sein. Die Äpfel veratmen die Säure, auch die Aromastoffe verflüchtigen sich. Dementsprechend süß und fad schmecken Säfte aus lange gelagertem Obst.

Saft selber machen

Apfelsaft selber herstellen kostet vor allem Zeit. Damit sich diese Mühe lohnt, muss zunächst der Rohstoff von allerbester Qualität sein. Richtig gut schmeckt Apfelsaft erst, wenn die Äpfel voll ausgereift sind, nicht bereits einige Zeit unter dem Baum lagen (Fallobst) und keine Faulstellen aufweisen. Wichtig ist auch die Baumgesundheit. Kränkelnde, mit Nährstoffen unterversorgte Bäume haben eine zu schwache Photosynthese, die Äpfel bleiben klein und inhaltsstoff-arm. Früchten von verschorften oder stark mit Mehltau behafteten Pflanzen fehlt das „Volumen“.
Das beste Ausgangsmaterial nützt nichts, wenn beim Aufbereiten gravierende Fehler passieren und beispielsweise Oxidationsprozesse ablaufen können. Nach dem Vorzerkleinern der Früchte muss sofort abgepresst werden. Der so gewonnene Saft darf ebenfalls nicht lange stehen. Erst rasches Konservieren, sauber und schonend, garantiert eine gute Saftqualität.

Klar oder trüb?

Ein wesentlicher Vorteil, wenn man Saft selber macht: die Saftbehandlung, die bei der großtechnischen Herstellung nötig ist, entfällt. Dazu zählen Behandlungsschritte wie Filtrieren, Klären und Schönen. Beim Filtrieren wird der Feintrub des Saftes entfernt. Er würde sich als Bodensatz am Flaschengrund absetzen. Das sieht unappetitlich aus, ist bezogen auf den Gesundheitswert aber positiv.
Um völlig klare Säfte zu erhalten, reicht Filtrieren nicht aus. Damit der filtrierte Saft nicht nachtrübt, müssen Pektine und wärmelabile Eiweiße entfernt werden – sie passieren den Filter. Hierfür kommen Pektin abbauende Enzyme, Gelatine und Kieselsol zum Einsatz. Allerdings sind es gerade die dabei ausgefällten Pektine und Gerbstoffe, die den hohen Gesundheitswert des Apfelsaftes ausmachen. Pektine transportieren die Fruchtsäuren besser in die Darmregion; die darmreinigende und damit immunfördernde Wirkung der Säuren setzt dadurch erst richtig ein. Gerbstoffe spielen nachweislich eine Rolle bei der Krebsvorsorge und Herz-Kreislauf-Stärkung.

Saft haltbar machen

Die häufigste Methode, um zu verhindern, dass der Fruchtsaft gärt, ist das Haltbarmachen durch Pasteurisieren. Es beruht auf Temperaturen deutlich unter dem Siedepunkt, ist also kein Sterilisieren. Saft von völlig gesundem Obst hat einen vergleichsweise niedrigen Keimgehalt. Im Durchschnitt genügen folgende Pasteurisier-Zeiten: 30 Minuten bei 65 °C bzw. 3 Minuten bei 75 °C. Bei Temperaturen über 75 °C verändern sich Geschmack und Inhaltsstoffe zu stark.
Geräte zum Erhitzen des Saftes reichen vom einfachen Kochtopf für ganz kleine Mengen über Süßmostglocken und Plattenwärmeaustauscher bis zu professionellen Pasteurisieranlagen.
Es gibt verschiedene Verfahren, um den pasteurisierten Apfelsaft stabil zu lagern. Eine effektive Methode ist das Süßmost-Fass mit Schwimmdeckel. Die zwischen 50 und 300 Litern fassenden Behälter garantieren ein Jahr lang haltbaren Saft, das Abfüllen in Flaschen entfällt. Man kann den Apfelsaft sukzessive entnehmen, der mit lebensmittelechter, geschmacksneutraler Vaseline-Öl-Schicht abgedichtete Schwimmdeckel sinkt dabei allmählich in Richtung Behälterboden.
Eine weitere Lösung ist das Druckmostfass. Hier entfällt das Abfüllen in Flaschen und der Saft muss auch nicht erhitzt werden. Der frische Saft wird unter Druck mit Kohlensäure gesättigt und bei 8 bar gelagert, der Tank sollte zudem kühl stehen. Lässt der Druck durch Saftentnahme zu stark nach, beginnen Gärprozesse. Laufende Kontrollen und weitere Kohlensäure-Zugaben sind erforderlich.
Kleine Saftmengen kann man auch einfrieren, zum Beispiel in Tetrapacks. Bei -18 °C halten sie bis zu einem Jahr. Bei 0 °C lassen sich Frischsäfte maximal 6 bis 8 Tage lagern. Gibt man Vitamin C (Ascorbinsäure) zu, verlängert sich die Haltbarkeit um einige Tage.

Druckmostfass

Im Mus-Max-Druckmostfass, das in Größen von 50 bis 280 l erhältlich ist, können Obst- und Beerensäfte ohne Erhitzen und ohne Chemikalien-Zusatz gelagert werden. Nach dem Einfüllen des frisch gepressten Saftes entsteht mit einsetzender Gärung Kohlensäure, der Druck im Fass steigt nach wenigen Tagen an. Nach 6 Wochen liegt ein klarer, spritziger Saft mit einem Alkoholge-halt von 1 bis 2 % vol. vor.
Eine zweite Möglichkeit ist das Haltbarmachen des Saftes mit Schankgas: Man füllt das Druckmostfass zu 95 % mit dem frisch gepressten Saft auf und setzt den Behälter mit Schankgas unter Druck (8 bis 10 bar). Es entsteht ein sofort trinkbarer aromatischer Saft mit einem Alkoholgehalt von weniger als 1 % vol.
Info: Konrad Geiß, Richolfstr. 18, 87463 Reicholzried, Tel. 08474-8463, Fax -9552

Ideale Lösung?

Vor wenigen Jahren haben direktvermarktende Obstbauern ein neues Abfüllverfahren der Getränkeindustrie übernommen. Es eignet sich für Saftmengen von 5 bis zu beliebig vielen Litern. Dabei wird der pasteurisierte Fruchtsaft in spezielle Karton-Kunststoff-Behälter gefüllt. Es handelt sich um sterile Folienbeutel mit gut handhabbarem Auslass-Ventil. Die mit 5 oder 10 Litern Saft heiß abgefüllten Beutel werden nach dem Erkalten in eine stabile Karton-Umverpackung gesteckt, das Ventil ragt aus dem Karton. Hier kann man glasweise Saft abzapfen. Der Folienbeutel zieht sich dabei zusammen. Gut 3 Wochen lang bleibt eine solche angebrochene Saftbox bei Zimmertemperatur haltbar. Die als „Bag-in-Box“ bezeichneten Verpackungen gibt es in 5- und 10-Liter-Einheiten zum Preis von knapp 3 DM, allerdings bei Mindestabnahme von 900 Stück. Einige Kellereibedarf-Lieferanten bieten diese Kartons mit sterilem Innenbeutel auch einzeln an, der Preis liegt dann aber bei 4 bis 5 DM. Eine Bag-in-Box lässt sich nur einmal verwenden. Vorteil bei dieser Abfülltechnik ist das geringe Volumen. Eine 10-Liter-Box passt in eine normale Polyethylen-Einkaufstüte (Box-Außenmaße: 30x20x20cm). Das lästige Flaschenschleppen in sperrigen Kästen entfällt. Nach Gebrauch muss die Box entsorgt werden: der Karton über das Altpapier, Folienbeutel und Ventil sind aus Kunststoff.
Bei Kindern ist diese Verpackungsart besonders beliebt. Sie können jederzeit kleine Mengen Saft abzapfen, wenn man den Behälter geschickt plaziert. Dieses bequeme Angebot verführt dazu, eher zum Apfelsaft zu greifen und so von weitaus weniger gesunden Limonaden und Nektaren fern zu bleiben.

Dr. Helga Buchter-Weisbrodt

Artikel aus Obst&Garten 10/99, mit freundlicher Genehmigung Verlag Ulmer

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