Japananemonen
Zarte Herbstblüten
« Bei gefüllten Blüten ist manchmal eine Stütze nötig, damit die Stängel die schwere Last tragen können
Die Wildformen der Herbstanemonen wurden zwar in Japan in Kultur genommen und züchterisch verändert, stammen aber aus dem Himalayagebiet beziehungsweise aus China.
In vielen Gärten liegt die Hauptblütezeit im Frühjahr und Frühsommer. Im Spätsommer und Herbst ist oft nur noch wenig Blühendes zu finden, dabei hat die zweite Jahreshälfte auch in dieser Hinsicht manches zu bieten: zum Beispiel Japananemonen, auch schlicht Herbstanemonen genannt. Die robusten Stauden blühen wochenlang, liefern Schnittblumen und sind im Garten bei Pflanzung am richtigen Standort sehr pflegeleicht. Wie alle Anemonen zählen sie zu den Hah- nenfußgewächsen (Ranunculaceae).
Die horstbildenden Pflanzen wachsen je nach Sorte 70 bis 150 cm hoch und mindestens genauso breit. Über dem mittel- bis dunkelgrünen, etwas gerunzelten Laub stehen im Herbst auf hohen Stielen meist zahlreiche, anmutige Schalenblüten in Weiß-, Rosa- bis Rottönen.
« Weiß blühende Sorten neigen weniger zur Ausbreitung, sind häufig aber etwas frostempfindlicher
Kultur und Pflege
Ideale Standorte für Herbstanemonen sind sonnige bis halbschattige Plätze und frische bis feuchte, humose Böden. Je feuchter, desto sonniger darf es sein. Trockenheit wird genauso schlecht vertragen wie Staunässe, bei der die Wurzeln faulen können. Allgemein sind kühlere Standorte besser geeignet als zu heiße. An sonnigen Plätzen wachsen die Pflanzen kräftiger und blühen reicher, allerdings nur bei ausreichend feuchtem Boden. In vollem Schatten entwickeln sich die Pflanzen meist noch gut, wachsen aber lockerer und blühen weniger voll. Bei einseitiger Beschattung können die Stauden an Standfestigkeit verlieren, da sie dem Licht entgegen wachsen. Manche Sorten wie ‘Bressingham Glow’ gedeihen allerdings auch gut vor einer Nordwand.
Damit sie sich bis zum Winter gut etablieren können, erfolgt die Pflanzung von Japananemonen am besten im Frühjahr, besonders bei schweren Lehmböden. Ungenügend eingewurzelte Pflanzen überstehen den ersten Winter häufig nicht. Anfangs braucht es etwas Geduld, denn in der Regel dauert es ein paar Jahre (mindestens 2, bei manchen Sorten auch 3 Jahre und länger), bis eine Pflanze an einer Stelle richtig Fuß gefasst hat. Dann kann sie plötzlich und unerwartet loslegen und sich zu einem prächtigen Busch entwickeln.
Wo die Stauden sich wohl fühlen, werden sie mit der Zeit recht ausladend. Am Rand bilden die Horste dann jedes Jahr kurze Ausläufertriebe und wachsen so kontinuierlich in die Breite. Japananemonen können mehrere Jahrzehnte alt werden und entwickeln sich von Jahr zu Jahr schöner. Werden eingewachsene Stauden verpflanzt, vertragen sie das häufig nicht gut, treiben dafür aber fleißig am alten Ort wieder aus, da sich auch aus kleinsten Wurzelteilen wieder Pflanzen entwickeln. Deshalb sollte man ihnen schon bei der Planung und Pflanzung ausreichend Platz einräumen und den Standort sorgfältig und langfristig wählen.
Am schönsten wirken die Pflanzen einzeln oder in kleinen Gruppen von maximal 3 bis 5, wobei der Pflanzabstand etwa 60 cm betragen sollte; bei schwächer wachsenden Sorten darf es auch etwas weniger sein. An Zäunen und vor Gehölzrändern sind die großen Stauden gut untergebracht. Direkt unter Bäumen sollte man sie lieber nicht pflanzen, da es dort im Wurzelbereich zu trocken werden kann und das starke Tropfwasser bei Regen den Blüten schadet.
« Die robuste und wüchsige A. tomentosa erhielt ihren Namen nach der filzigen Schicht auf der Unterseite und am Stielansatz der Blätter
Gut eignen sich die hohen Japananemonen auch als einzeln stehende Solitär- oder Strukturpflanzen im hinteren Teil eines Staudenbeets mit Wildstaudencharakter. Schöne Pflanzenkombinationen sind mit den ebenfalls Halbschatten liebenden Astilben (Prachtspiere), mit Waldgeißbart (Aruncus dioicus) und Eisenhut (Aconitum) möglich. Aber auch Farne, Gräser und Funkien (Hosta) harmonieren mit ihrer unterschiedlichen Laubstruktur. Fingerhut (Digitalis) setzt farbige Akzente im Frühsommer, bevor die Herbstanemone blüht.
Manche Japananemonen sind vor allem in den ersten Jahren etwas kälteempfindlich. In Gegenden mit unsicherer Schneedecke (Kahlfrösten) sollte man deshalb den Wurzelbereich über Winter mit Laub und Reisig abdecken; im Weinbauklima und bei ausreichender Schneedecke ist dies nicht nötig. Anemone tomentosa ist weniger frostempfindlich als die anderen Arten, in den ersten Wintern bis zum richtigen Einwachsen ist Schutz hier aber ebenfalls ratsam. Auch sollte man die Pflanzen wie die meisten Stauden erst im Frühjahr zurückschneiden.
Davon abgesehen sind Herbstanemonen sehr robust und brauchen wenig Pflege. Beim Düngen sollte man zurückhaltend sein. Am besten eignen sich Kompost und Hornspäne als Langzeitdünger. Die einzigen Schädlinge, die manchmal auftreten, sind Nematoden (Blattälchen), die gelbliche, später braune Flecken auf den Blättern verursachen. Befallene Pflanzen sollten nicht weiter vermehrt und auf befallenen Standorten keine Neupflanzung vorgenommen werden.
Die beste Zeit, um die Horste durch Teilung zu vermehren, ist das Frühjahr.
Damit die langen Pfahlwurzeln dabei möglichst wenig beschädigt werden, sollte man die Wurzelstöcke so tief wie möglich abstechen. Professionell werden Japananemonen üblicherweise durch Wurzelschnittlinge vermehrt.
Wenn Herbstanemonen schon im Juli und August ihre Schalenblüten öffnen, deutet das nicht unbedingt auf einen frühen Herbst hin. Einige Sorten wie ‘Ouvertüre’, ‘Praecox’ oder A. tomentosa-Sorten blühen einfach sehr früh. Wer auf eine ausgesprochene Herbstblüte Wert legt, sollte gezielt später blühende Sorten setzen, die erst ab September blühen, dann aber bis spät in den Herbst hinein beziehungsweise bis zum ersten Frost. Sind Frühfröste angekündigt, während die Pflanzen noch blühen, schützt die nächtliche Auflage von Vlies oder Plastikhüllen die Blüten vor Schäden.
« Frühe Sorten wie ‘Praecox’ blühen in milden Gegenden schon ab Juli
Botanik und Herkunft
Die genaue Zuordnung der Sorten zu den verschiedenen Artengruppen ist schwierig und oft widersprüchlich, da sich bei der ersten von Botanikern 1835 als wilde Anemone japonica klassifizierten Art nachträglich herausstellte, dass es sich eigentlich um in Japan verwilderte Kulturpflanzen und damit um züchterisch veränderte Pflanzen handelte (vermutlich entweder um eine Zuchtform von A. hupehensis oder bereits um eine Kreuzung aus A. hupehensis und A. tomentosa). Als das Missverständnis zutage trat, waren aus den falsch identifizierten Sorten bereits neue gezüchtet worden, so dass das nomenklatorische Durcheinander bis heute andauert.
Für die gärtnerische Praxis hat die Namensverwirrung zum Glück wenig Bedeutung, denn Ansprüche und Wuchseigenschaften der betroffenen Arten stimmen weitgehend überein – lediglich A. tomentosa-Sorten sind noch etwas wüchsiger und robuster als die anderen. Inzwischen gibt es Bestrebungen, Japananemonen zukünftig nicht mehr nach ihrer genetischen Herkunft, sondern nach der Anzahl der Blütenblätter in einfache, halbgefüllte und gefüllte Gruppen einzuteilen.
Fest steht nach heutigem Kenntnisstand, dass A. vitifolia, A. tomentosa und A. hupehensis die Stammmütter der Herbstanemonen waren, die überwiegend als A. japonica-Hybriden, teils als A. hupehensis- oder A. tomentosa-Sorten gehandelt werden. Die reinen Wildformen sind selten und werden meist nur von Spezialgärtnereien geführt.
Die weißblühende A. vitifolia, eine weinblättrige Anemone aus den Gebieten des südlichen Himalaya, war eine der ersten Herbstanemonen, die in der ersten Hälfte des 19. Jh. aus Asien nach Europa kam. Sie ist in vielen Kreuzungen enthalten, in ihrer Reinform allerdings nur in sehr milden Regionen winterhart.
Die aus West- und Zentralchina stammende A. hupehensis (benannt nach der chinesischen Provinz Hupeh) wurde zwischen 1900 und 1910 nach Europa eingeführt. Die von ihr abstammenden Sorten bleiben allgemein etwas niedriger und sind mäßig winterhart. Ungeschützt können sie bei sehr strengem Frost erfrieren.
Für kalte Regionen empfiehlt sich besonders A. tomentosa, deren Sorten überwiegend sehr früh blühen, in milden Regionen häufig schon ab Juli. Die filzblättrige Anemone verträgt Temperaturen bis −30 °C und kann in Mitteleuropa als absolut winterhart betrachtet werden. Sie breitet sich gern aus und eignet sich gut zum Verwildern und für Gehölzränder.
« Einmal eingewurzelt, erhalten sich Japananemonen ohne großen Pflegeaufwand weitgehend selbst
Breites Sortiment
Die folgende Beschreibung einiger Sorten orientiert sich bei der Zuordnung an der aktuellen Nomenklatur des Bundes deutscher Staudengärtner. Für die Blütezeit sind Durchschnittswerte angegeben, die tatsächliche Blütezeit hängt von den klimatischen Gegebenheiten ab.
- ‘Bressingham Glow’ (A. japonica): dunkelgrünes Laub und gefüllte, altrosa Blüten von Mitte August bis Oktober, 80 bis 110 cm hoch, sehr standfest, auch für Nordwände geeignet.
- ‘Elegans’ (A. japonica): große, altrosafarbene, halbgefüllte Blüten von Ende August bis Oktober, Höhe 90 bis 120 cm. Bedingt winterharte, historische Sorte, die sich anfangs langsam, später mäßig stark entwickelt.
- ‘Honorine Jobert’ (A. japonica): halbgefüllte, strahlend weiße Schalenblüten (August bis Oktober), die mit dem dunkelgrünen Laub kontrastieren, Höhe rund 1 m; sehr langlebige Sorte mit langsamer Anfangsentwicklung. ‘Honorine Jobert’ wurde 1858 in einem Garten bei Verdun als Sport (Sprossmutation) von A. japonica ‘Elegans’ gefunden.
- ‘Königin Charlotte’, auch ‘Königin Charlotte von Württemberg’ (A. japonica): hoch wachsende Sorte (bis 1,20 m) mit großen, gefüllten, zart violettrosa Blüten von August bis Oktober. Bedingt winterhart; seit 1898 im Handel.
- ‘Ouvertüre’ (A. hupehensis): sehr frühe Blüte ab Juli mit großen, einfachen, blass rosafarbenen Blüten, 80 bis 100 cm hoch, gut standfest.
- ‘Praecox’ (A. hupehensis): einfache rosa-purpurfarbene Blüten, Juli bis September, durch niedrigen kompakten Wuchs (60 bis 80 cm) sehr standfest.
- ‘Prinz Heinrich’ (A. japonica): große, purpurrosa gefüllte Blüten mit relativ schmalen Blütenblättern, 80 bis 120 cm hoch, herbstblühend (September/Oktober), seit 1902 im Handel.
- ‘Robustissima’ (A. tomentosa): starkwüchsige Sorte (120 bis 150 cm) mit einfachen, hellrosa Blüten, die sich gut zum Verwildern eignet; robust und relativ trockenheitsverträglich, bereits seit 1900 im Handel. Die Blüten zeigen sich Anfang August bis in den September.
- ‘Rosenschale’ (A. japonica): neuere Sorte mit halbgefüllten karminrosa Blüten und dunkelgrünem Laub, mit 70 bis 100 cm eher niedrig wachsend, Blütezeit September/Oktober.
- ‘Septemberglanz’ (A. tomentosa): Blüten zart seidenrosa und halbgefüllt, verzweigte Stängel 90 bis 120 cm hoch, Blüte August/September. Robust und winterhart, breitet sich gern aus.
- ‘Serenade’ (A. tomentosa): altrosa, halbgefüllte Blüten an verzweigten Stielen, 100 bis 130 cm; starkwüchsige, robuste Sorte, die zur Ausbreitung neigt. Blüte August bis Oktober.
- A. vitifolia, auch A. hupehensis alba: einfache weiße Blüten, Unterseite teils rosa, Blütezeit Mitte August bis Oktober, 90 bis 130 cm hoch, wärmeliebend, bevorzugt mediterranes Klima.
- ‘Wirbelwind’ oder ‘Whirlwind’ (A. japonica): Sorte 1887 in den USA gezüchtet. Weiße, gefüllte Blüten mit teils propellerartig verdrehten Blütenblättern von August bis Oktober, 90 bis 120 cm hoch, sehr haltbare Schnittblume.
« Im lichten Halbschatten fühlen sich Japananemonen am wohlsten
Profi-Tipp
Trotz ihrer zarten Erscheinung eignen sich Japananemonen gut als Schnittblumen und halten sich in der Vase rund eine Woche lang. Die Blütentriebe dürfen allerdings erst dann geschnitten werden, wenn die oberste Blüte eines Stiels voll aufgeblüht ist und die Seitenknospen bereits entwickelt sind. Bei zu frühem Schnitt gehen die Knospen in der Vase nicht auf.
Anke Brosius, Freiburg
Quelle:
Fotos: Brosius
Dieser Artikel ist in der Verbandszeitschrift „Obst & Garten“ (09/2014) erschienen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Verlages Eugen Ulmer, Wollgrasweg 41, 70599 Stuttgart, www.ulmer.de / www.oug.de