Herbst

Kartoffeln: Das "Gold im Garten"

Kartoffeln: Das

"Magerknolle" Kartoffel

Die Kartoffel ist mit ihrem hohen Kohlenhydratgehalt in erster Linie ein wichtiger Energie- Lieferant. Der Hauptbestandteil, die Stärke, wird vom menschlichen Körper gut verstoffwechselt. Mit einem Brennwert von 75 kcal je 100 g Frischmasse sind die Knollen als kalorienarm einzustufen – naturbelassen zubereitet, nicht gebraten oder fritiert, ist die Kartoffel keineswegs ein Dickmacher. Ganz im Gegenteil: wie beinahe alle Gemüsearten (außer Avocado und Oliven) ist sie fettarm. In 100 g Frischmasse sind nur 0,1 g Fett enthalten. Daher eignen sich Kartoffeln gut als Grundlage für eine sinnvolle Mischkostdiät. Erst die Zubereitung mit viel Fett oder als Beilage zu einem üppigen Sonntagsbraten mit fetter Soße machen aus der „Magerknolle“ eine Kalorienbombe.

Vitamin- und Mineralstoffpaket

In der modernen Ernährung wird der Wert eines Nahrungsmittels häufig an seinem Vitamingehalt gemessen. Wichtig sind dabei der tatsächliche Gehalt des Lebensmittels, das Wissen um die Verlustrate bei der Zubereitung und die empfohlene Tagesdosis. Die Kartoffel hat einen mittleren Gehalt von 17 mg Vitamin C je 100 g essbarem Anteil, der etwa dem von Äpfeln, Brombeeren, Porree oder Spargel entspricht. Vitamin C ist ein guter „Fänger“ für freie Sauerstoffradikale, die durch Umweltgifte oder minderwertige Ernährung in unserem Körper entstehen. Sie haben nachweislich eine zellschädigende Wirkung und führen – im Übermaß vorhanden – zu Krebs, Arteriosklerose und Immunschädigungen. Bei Vitamin-C-Mangel kommt es häufig zu erhöhten Anfälligkeiten für Erkältungskrankheiten und Mattigkeit. Wer in seine tägliche Ernährung ausreichend Obst, Gemüse und Kartoffeln einbaut, kann sich auf einfache Weise vor einer Vielzahl von Krankheiten schützen. Mit dem Genuss von 200 g Kartoffeln pro Tag ist bereits ein Drittel des empfohlenen Tagesbedarf eines Erwachsenen gedeckt. Neben dem „Nervenvitamin“ B1 findet sich noch Vitamin B2 mit 0,05 mg je 100 g Frischmasse, das für den Eiweißstoffwechsel wichtig ist, und Vitamin B6 mit 0,21 mg, das vorwiegend am Eiweißaufbau beteiligt ist.

Mineralstoffe und Spurenelemente haben im menschlichen Organismus unterschiedliche Aufgaben, wobei die Reserven ständig durch die Nahrung wieder aufgefüllt werden müssen. Besonders wichtig ist die ausreichende Zufuhr bei Kindern. Da die wertvollen Mineralstoffe hauptsächlich unter der Schale liegen, sollten Kartoffeln häufiger als Pellkartoffeln zubereitet werden. Unter den Mineralstoffen weist Kalium mit ca. 443 mg/100 g den höchsten Gehalt auf. Kalium beeinflusst die Wasserverteilung im Körper, indem es den osmotischen Druck in den Zellen reguliert. Mit Kartoffeln nehmen wir auch Kalzium, Phosphor und Magnesium zu uns. Kalzium und Phosphat sind wichtige Bausteine des Skeletts und der Zähne. 1,5 bis 2 % unseres Körpergewichtes besteht aus Kalzium, wobei über 99 % der Knochen und Zähne aus Kalziumphosphat zusammengesetzt sind. Magnesium ist ein wesentlicher Bestandteil im weichen Gewebe und den Knochen.

Kartoffeln contra Fleisch

Eiweißstoffe sind eng mit allen wichtigen Lebensprozessen des menschlichen Körpers verbunden. Für die Ernährung ist Eiweiß um so wertvoller, je ähnlicher es dem menschlichen Eiweiß ist. Die biologische Wertigkeit steht als Gradmesser dafür, wieviel Körpereiweiß durch 100 g des betreffenden Nahrungseiweißes ersetzt werden kann. Maßgebend dabei ist der Gehalt an essentiellen Aminosäuren. Diese Grundbausteinen der Eiweiße kann unser Körper nicht selbst aufbauen. Nach dem Gesetz des Minimums bestimmt diejenige essenzielle Aminosäure die biologische Wertigkeit des Nahrungseiweißes, die in der geringsten Menge vorliegt. Zum Eiweißaufbau im Körper müssen alle erforderlichen Aminosäuren gleichzeitig vorhanden sein, sonst kann das Eiweiß nicht aufgebaut werden. Kartoffeleiweiß besteht etwa zur Hälfte aus hochwertigem Eiweiß, das gleich mehrere dieser speziellen Aminosäuren enthält. Bereitet man ein Kartoffelgericht mit Milch und Ei zu, übersteigt es bei Weitem den Eiweißwert eines Schnitzels.

kartoffel neu 2 230Säure-Basen-Gleichgewicht des Körpers

Aus Pellkartoffeln
zubereitete Bratkartoffeln
enthalten geringere
Acrylamidwerte als
solche aus rohen Kartoffeln
Fotos: Buchter

Ernährungswissenschaftlich sinnvoll ist es, möglichst naturbelassene, einfach zubereitete Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, die der Körper unbelastet umsetzen kann. Die dabei anfallenden Stoffwechselendprodukte, besonders die Säuren, sollten vollständig ausgeschieden werden. Nach Meinung zahlreicher Naturheilkundler ist die Übersäuerung des Organismus häufig die Ursache von Gicht, Rheuma, Nieren- sowie Magen- und Darmkrankheiten. Aber auch Herzerkrankungen und Schlaganfälle werden auf ein gestörtes Säure-Basen-Gleichgewicht im Körper zurückgeführt. Der menschliche Körper verarbeitet die Nahrungsmittel sehr unterschiedlich, sodass die Endprodukte der Verdauung sauer oder eher basisch sein können. Beim gesunden Menschen wird die überschüssige Säure schon innerhalb der Zelle, im Gewebe und im Blut durch Mineralstoffe und die Bildung von Salzen neutralisiert. Weist die Ernährung jedoch über lange Zeit einen Säureüberschuss auf, ist der Körper bald überfordert und es kommt zu Entmineralisierung, Ablagerungen von Säuren im Gewebe, zur Eindickung der Gewebeflüssigkeit und zur Ablagerung von Schlacken an Gefäßwänden. Ein derart massiver Säureanstieg im Körper sogar zur Verdickung des Blutes führen und Auslöser für Herzinfarkte und Hirnschläge sein. Die vollständige Ausscheidung der im Stoffwechsel auftretenden Säuren setzt demnach eine basenüberschüssige Kost voraus. Ernährungsphysiologen empfehlen deshalb eindringlich, dass der Anteil säureüberschüssiger Nahrungsmitteln an der täglichen Kost nicht mehr als 20 % betragen sollte. Kartoffeln sind neben anderem Blatt-, Knollen- und Wurzelgemüse sowie Obst stark basenüberschüssig. Im Gegensatz zu Teigwaren, die zur Kategorie der säureüberschüssigen Lebensmittel gehören, helfen Kartoffeln als Beilage oder Hauptgericht, das Säuren-Basen- Gleichgewicht zu optimieren.

Heilmittel Kartoffel

Naturärzte empfehlen ein Glas frisch gepressten Kartoffelsaft morgens nüchtern und vor den Mahlzeiten zur Behandlung von Magengeschwüren, Entzündungen der Magenschleimhäute und zur Linderung von Sodbrennen und Völlegefühl. Durch seine basischen Stoffe wirkt Kartoffelsaft ausgezeichnet bei Rheuma und Arthritis, da die überschüssige Harnsäure gebunden wird. Ein altbewährtes Rezept aus Großmutters Hausapotheke gegen Bauchschmerzen und Halsentzündungen ist die Kartoffelkompresse: Heiße, ungeschälte Pellkartoffeln werden in ein Küchentuch gefüllt, grob zerquetscht und so heiß wie möglich aufgelegt. Auflagen aus roh geraffelten Kartoffeln wirken hervorragend bei schlecht heilenden Wunden und entzündeten Stellen an Muskeln und Knochen. Dazu werden roh geraffelte Kartoffeln mit etwas Milch vermengt und als Brei aufgelegt.

Acrylamid in Kartoffeln

Der krebserregende Stoff Acrylamid entsteht aus dem Eiweißbaustein Asparagin und den Zuckern in der Kartoffel bei Temperaturen über 120 °C, also nur, wenn man Kartoffeln stark anbrät, backt oder frittiert. Man sollte beim Braten oder Frittieren darauf achten, dass die Kartoffeln nicht zu dunkel werden. Bratkartoffeln aus bereits gekochten Kartoffeln enthalten deutlich geringere Acrylamidwerte als solche aus rohen. Darüber hinaus sollten Kartoffeln ordnungsgemäß gelagert gelagert werden, um zu verhindern, dass sie ergrünen. In grünen Teilen der Knolle, die man unbedingt ausschneiden muss, entsteht beim Braten besonders viel Acrylamid B.

Dr. Susanne Martin, Wolfschlugen

Artikel aus Obst&Garten (11/2003), mit freundlicher Genehmigung Verlag Ulmer, Stuttgart.

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