Herbst

Linde für Körper und Geist

Traditioneller Treffpunkt

Linde für Körper und Geist

Der Volksmund weiß: „300 Jahre kommt sie, 300 Jahre steht sie, 300 Jahre geht sie.“

« Junge Lindenblätter schmecken angenehm mild (ideal für Salate); die Blüten ergeben Gesundheitstee

Mütterliche Wärme schreibt die Symbolik des keltischen Baumkreises dem Malvengewächs Linde zu. Den Germanen diente sie als Friedensbaum, und auch spätere Generationen nutzten das weit ausladende und in dieser Gestik einladende Gehölz als Treffpunkt: Tanzlinde, Friedenslinde, Gerichtslinde. Die große Beliebtheit spiegelt sich wider in über 1.000 Ortschaften mit dem Namen Linde, auch Familiennamen und selbst Vornamen sind ihr gewidmet. Lindern steht ebenfalls in Bezug zur Linde. Der kräuterkundige Lonicerus konstatierte im Mittelalter: „Die Linde hat den Namen von der Lindigkeit.“ Volksnamen wie Bastbaum/Bastholzlinde verweisen auf die vielen Bastfasern, die wie beim Lein genutzt wurden.

Der Gattungsname Tilia leitet sich vom griechischen tilos (Bast, Faser) ab. Das deutsche Wort Linde steht in Zusammenhang mit Linum (lateinisch für Lein) und verweist ebenfalls auf die Fasereigenschaft, die beiden Pflanzen gemeinsam ist. Nach anderer Deutung stammt der Gattungsname vom griechischen Ptilon (Flügel) und bezieht sich auf das flügelähnliche Deckblatt des Blütenstandes.

linde 230 1« Gesammelte Blüten werden vorsichtig im Schatten getrocknet; man sollte jedes Jahr neu „in die Linden gehen“

Spannende Botanik

Es gibt weltweit 50 Lindenarten, einige können 1000 Jahre alt werden. Bei uns sind Sommerlinde (Tilia platyphyllos) und Winterlinde (Tilia cordata) am häufigsten. Die Sommerlinde bevorzugt süd- lichere Standorte und heißt auch Frühlinde, Graslinde, Großblättrige Linde, Wasserlinde, Weichlinde und hat auf der hellgrünen Unterseite ihrer gezähnten Blätter in den Adernecken weiße Haarbüschel. Im Juni blühen an den flügelähnlichen Tragblättern 3 bis 5 Blüten.

Die Winterlinde kommt bis Nordskandinavien vor und heißt regional auch Spätlinde, Steinlinde oder Waldlinde. Die dunkelgrüne Blattunterseite zeigt zwischen den Blattnerven hellbraune Haarbüschel. Ihre Blütenstände bilden 5 bis 10 Blüten und erscheinen gut 10 Tage später. Große Bäume tragen bis zu 60 000 Blüten, deren duftender Nektar zahlreiche Insekten anlockt. Je 2 Samen reifen in grauen, 5 mm großen Kugeln heran. Beide Arten kreuzen sich, die bekannteste Hybride, die Holländische Linde (Tilia × vulgaris), eignet sich wie die Elternarten für Medizinzwecke. Andere Lindenarten sind nicht heilwirksam.

Vielseitige Heilpflanze

In der Baumsymbolik steht die Linde für sanftes, nachgiebiges, ruhig gelassenes, freundliches und kontaktfreudiges Wesen mit offener, toleranter, ungezwungener Art. Lindenelixier kann die gestörten Empfindungen warmherziger Menschen wieder herstellen. Die Blütenfee Baumessenz Linde fördert das Miteinander: sie besänftigt, macht offen und nimmt Berührungsängste.

Lindenblätter galten bereits in der Antike als Arznei, die Blüten nutzten erst Mittelalter-Ärzte wie Lonicerus und Matthioli. Lindenblüten enthalten 2 % Gerbstoffe, 1 % Flavonoide, 0,02 % ätherische Öle und 10 % Schleimstoffe. Lässt man Blüten mehrere Stunden im Wasserauszug, wird der Tee durch den hohen Schleimstoffgehalt zähflüssig.

Lindenblüten wirken nachweislich fiebersenkend, schweiß- und harntreibend, erwärmend, entzündungshemmend, krampflösend, schmerzlindernd, reizmil- dernd und beruhigend. Die Hautdurchblutung verbessert sich, Giftstoffe werden aus dem Körper geleitet. Alternativ zu Kamillentee helfen Lindenblüten auch bei Magenproblemen. Als Umschlag oder Waschung wirkt Lindenblütentee wund- heilend und hemmt die Faltenbildung. Teerezept: 3 bis 4 TL Blüten mit 500 ml kochendem Wasser übergießen, nach 10 Minuten absieben.

Mögen Sie also Ihr blaues Wunder erleben...

linde 230 2« Sommerlinden haben auf der Blattun- terseite weiße Haarbüschel

Lindenbast und Holz

Das Holz ist sehr weich und fein strukturiert, ideal für Holzschuhe, Schüsseln, Löffel, Holzfiguren (Riemenschneider- Altäre) und Musikinstrumente.

Die leicht ablösbare Rinde wurde früher im Mai abgeschält, die weiche Innenseite abgetrennt, ins Wasser gelegt, bis sich der Bast löste, und dann an der Son- ne getrocknet. Die gewonnenen Fasern dienten für Matten, Säcke, Pinsel, Körbe und Schnüre, bei den Pfahlbauern fanden sich sogar Lindenfaserkleider. Lindensplinttee aus zerkleinertem Bastholz der inneren Rinde entwässert Ödeme, wirkt Nierensteinen, Gicht und Rheuma entgegen: 1 TL Bast mit 250 ml kochendem Wasser übergießen, 5 Minuten ziehen lassen und über den Tag trinken.

Dr. Helga Buchter-Weisbrodt
Fotos: Buchter

Quelle:
Dieser Artikel ist erschienen in der Verbandszeitschrift „Obst & Garten“ (06/2013).
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, www.ulmer.de, www.oug.de

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