Herbst

Problemlose Hausreben

Problemlose Hausreben

Standortansprüche

Bereits im Mittelalter wurden in Deutschland bis hoch in den Norden Rebstöcke an Südwänden spalierartig gezogen. Viele Sorten lassen sich außerhalb der Weinbauregionen kultivieren, wenn sie eine geschützte Südost- bis Südwestlage erhalten. An den Boden stellt die Rebe geringe Ansprüche. Sie wurzelt sehr tief. Ältere Pflanzen können sich deshalb aus dem Untergrund ausreichend mit Wasser versorgen. Nur in den ersten zwei Jahren sollten Jungpflanzen an trockenen Standorten ausreichend bewässert werden. Mit entsprechenden Unterlagen ist es möglich, den jeweiligen Bodenverhältnissen gerecht zu werden. Für Hausreben, die meist ein umfangreiches Stockgerüst aufbauen sollen, sind starkwüchsige Unterlagen zu bevorzugen:

  • Kober 5 BB: sehr starkwachsend, gut kalkverträglich, auch für nährstoffarme, trockene Standorte
  • Kober 125 AA: stark wachsend, gut kalkverträglich, nicht für magere Standorte
  • SO4: mittelstark wachsend, für stark kalkhaltige, nährstoffreiche Böden.

Sortenwahl

Bislang wurden vorwiegend Weinrebensorten als Hausreben verwendet, meist 'Dornfelder', 'Müller-Thurgau', 'Gutedel', 'Trollinger', 'Muskateller' oder 'Silvaner'. Keine dieser Sorten ist resistent gegen Echten und Falschen Mehltau. Werden solche Reben nicht regelmäßig mit Fungiziden behandelt, überziehen sich Holz, Blätter und Früchte mit Pilzbelägen. Die Pflanze wird nicht nur geschwächt, sie verliert auch ihren Nutz- und Zierwert. Es ist für Haus- und Gartenbesitzer nicht wünschenswert, je nach Infektionsdruck fünf bis siebenmal spritzen zu müssen. Resistente Sorten erkranken nicht an Echtem und Falschem Mehltau. Bei den ersten pilzresistenten Sorten (Hybridreben, interspezifische Züchtungen) war der unangenehme Beigeschmack (Foxton, im Volksmund als "Katzenseichler" bezeichnet) der eingekreuzten Amerikanerreben noch ausgeprägt. Inzwischen gibt es aber qualitativ ausgezeichnete Sorten, die mit importierten Tafeltrauben konkurrieren können. Bietet der Garten eine gut geschützte Stelle und ist das Klima nicht allzu rau, lohnt sich ein Versuch mit den ganz neuen robusten Tafeltraubensorten. Sie haben ähnlich große Trauben mit knackig-fruchtigen Beeren wie die Importfrüchte aus dem Süden. Vom Aussehen her lassen sich die blauen Sorten 'Nero' und 'Esther' oder die weißen Sorten 'Angela', 'Fanny', 'Lilla', 'Palatina' und 'Theresa' kaum von Handelstrauben unterscheiden. Ihr Plus: sie kommen ohne Pflanzenschutz aus.

Ein besonderes Extra bietet' Birstaler Muskat': Die aromatischen, runden Beeren sind zwar nicht ganz so riesig, reifen aber über einen langen Zeitraum und halten sich so gut am Stock, dass man die Früchte wochenlang genießen kann. Wer bezüglich Pflanzengesundheit auf Nummer Sicher gehen will, wählt am besten die bewährte Sorte 'Muscat bleu'. Die genannten Neuheiten müssen sich erst noch beweisen. Auch kommen laufend weitere Sorten auf den Markt. Es dauert einige Jahre, bis sich diese Vielfalt umfassend beurteilen und eingrenzen lässt.

Jungpflanzen

Die Rebe stellt nur geringe Ansprüche an den Boden. Trotzdem ist es vorteilhaft, das Pflanzloch gut vorzubereiten. Pfropfreben werden im Frühjahr gepflanzt, Containerpflanzen lassen sich in der gesamten frostfreien Zeit setzen. Bei Pfropfreben müssen die Wurzeln auf 15 cm Länge, der Trieb bis zum zweiten sichtbaren Auge oberhalb der Veredlungsstelle zurückgeschnitten werden. Die Pfropfrebe wird so tief eingepflanzt, dass die Veredlungsstelle knapp über der Bodenoberfläche liegt. Bis die Rebe ausgetrieben hat, sollte der Kopf mit Erde bedeckt sein. Nach dem Austrieb muss die Veredlungsstelle wieder freistehen, damit sich oberhalb der Veredlung keine Wurzeln entwickeln. An der Hauswand empfiehlt es sich, die Rebe schräg zur Wand zu pflanzen, so dass der Wurzelstock mindestens 25 cm von der Wand entfernt steht. Die Jungrebe soll zunächst nur einen Trieb entwickeln. Bilden sich mehrere Triebe, werden Anfang Juni alle bis auf den kräftigsten weggebrochen. Der Jungtrieb wird sukzessive am Pflanzstab festgebunden, da in diesem jungen Stadium die Gefahr groß ist, dass er abbricht. Nebentriebe in den Blattachseln sollte man im ersten Jahr ebenfalls entfernen.

Pflanzenaufbau

Im Frühjahr nach der Pflanzung beginnt die Erziehung des Grundgerüstes (Altholz). Sind die Jungpflanzen schwach und schlecht verholzt, muss nochmals zurückgeschnitten und ein neuer Stamm gezogen werden. Ist der Vorjahrestrieb gut verholzt, wird er auf die Höhe eingekürzt, auf der die waagrechten Triebe verlaufen sollen. Die Triebe aus den hier austreibenden Augen werden waagrecht gebunden, die übrigen ausgebrochen. Bei der weiteren Erziehung in den Folgejahren ist zu beachten, dass Trauben nur an einjährigem Holz wachsen, das zweijährigem Holz entspringt. Der Vorjahrestrieb, der aus dem Altholz wächst, wird ausgangs Winter auf zwei Augen zurück geschnitten. Aus dem oberen Auge wächst die Fruchtrute, die den Ertrag liefert, aus dem unteren Auge die Ersatzrute, aus der im nächsten Jahr die Fruchtrute entspringt. Die abgeerntete Fruchtrute wird wiederum Ende Winter entfernt, die Ersatzrute auf zwei Augen eingekürzt. Auf diese Weise bildet sich im Lauf der Jahre ein Zapfen. Wird er zu lang, kann ein "Wasserschoss" (Jungtrieb, der direkt dem Altholz entspringt) als neuer Zapfen gezogen werden. Der Abstand zwischen den einzelnen Zapfen auf dem Altholz sollte etwa 25 cm betragen.

Pflegehinweise

Während der Vegetationszeit sind einige Laubarbeiten durchzuführen. Die Wasserschosse aus dem Stamm sollte man entfernen und zu lang gewordene Jahrestriebe einkürzen. Bei einigen Sorten entstehen aus den Blattachseln Seitentriebe (Geiztriebe), die aber nicht zwingend entfernt werden müssen. Als wichtigste Rebkrankheiten gelten Echter und Falscher Mehltau, für die Europäerreben anfällig sind. Im Hausgarten sollten nur weitgehend resistente Hybridsorten angepflanzt werden. Der Echte Mehltau (Oidium tuckeri) überzieht Blätter, Triebe und Beeren mit einem mehligen Pilzmycel, die Beeren platzen bereits im unreifen Zustand (Samenbruch).Beim Falschen Mehltau (Peronospora, Plasmoporaviticola) zeigt sich nur auf der Blattunterseite ein weißlicher Belag. Eine weitere Pilzkrankheit ist Graufäule(Botrytis cinerea), die bei feuchter Witterung und dichten Beständen verstärkt auftritt. Besonders gefährdet sind Sorten mit kompakten Trauben, also dicht aneinander sitzenden Beeren.

Schädlinge

Die Resistenz der robusten Tafeltrauben bezieht sich auf die genannten Pilzkrankheiten. Von Schädlingen können sie jedoch befallen werden. Gelegentlich treten Blattgallmilben bzw. Pockenmilben auf. Nur bei sehr starkem Befall sollte man ein nützlingsschonendes Akarizid einsetzen. Im Frühjahr, vor allem bei feuchter Witterung, wenn die jungen Blätter nicht "davonwachsen" können, schädigen Kräuselmilben den Neuaustrieb. Normalerweise halten Raubmilben und andere Nützlinge die auftretenden Spinnmilbenarten im Gleichgewicht. Größere Schäden kann der Traubenwickler anrichten. Die erste Generation der Räupchen schlüpft zur Heuzeit (Heuwurm),die zweite vor der Fruchtreife (Sauerwurm).Die Heuwürmer zerstören allenfalls einige Blütenanlagen, der Sauerwurm verursacht durch die Fraßstellen an den Beeren Fäulnis. Vor allem bei sehr kompakten Fruchtständen können auch gesunde Beeren angesteckt werden. Normalerweise ist es im Hausgarten aber nicht nötig, den Traubenwickler zu bekämpfen, da die Verluste gering sind. Unter normalen Bedingungen können robuste Tafeltraubensorten problemlos ohne Pflanzenschutzmittel über viele Jahre hinweg gleichmäßig gute Erträge an gesunden Früchten liefern und sind zugleich ein attraktiver Blickfang.

Dr. Helga Buchter-Weisbrodt
Artikel aus Obst&Garten (9/2001), mit freundlicher Genehmigung Verlag Ulmer, Stuttgart

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