Herbst

Relikte aus Urzeiten: Garten-Farne

Relikte aus Urzeiten: Garten-Farne

Uralte Pflanzengestalten

Farne, die heute noch die Wälder aller Erdteile besiedeln, lassen sich bis in Urzeiten zurückverfolgen. Sie sind weitaus älter als unsere Blütenpflanzen. Während des Karbons (geologische Periode des Erdaltertums vor 350 Mill. Jahren) erlangten die Farne in mehreren Verwandtschaftskreisen einen Höhepunkt der Entwicklung und wiesen einen riesigen Formenreichtum auf. Im jüngeren Teil der Schichten des Devons, dem Oberkarbon, führte eine Massenentwicklung der Pflanzenwelt zur Bildung umfangreicher Kohlenlagerstätten.
Nach einem deutlichen Rückgang der karbonischen Farngruppe erfolgte eine weitere Abnahme in den erdgeschichtlichen Formationen des Perms vor 250 Mill. Jahren und der Trias vor 200 Mill. Jahren; im Jura (vor 150 Mill. Jahren) war wieder eine Zunahme und stärkere Entfaltung der Farne zu verzeichnen. Zu diesen jüngeren Gruppen gehören die eigentlichen Farne, die sich bis heute erhalten konnten. Man muss sich einmal vorstellen, dass die heutigen Naturformen seit Millionen von Jahren in unseren Wäldern ohne erkennbaren Vitalitätsverlust gedeihen. Von ihnen stammen einige Garten-Farne - meist Abkömmlinge heimischer Arten - ab, die zu den auffälligsten Schattenpflanzen gehören. Im Wanderschatten von Bäumen und Sträuchern und auf Humusböden mit ausreichender Feuchtigkeit fühlen sich diese Farne wohl und schaffen Gartenbereiche von besonderem Reiz.

Arten und Formen

Ein zarter, feingliedriger Vertreter aus dem Farnreich ist der sommergrüne Hufeisenfarn (Adiantum pedatum), besser als Pfauenrad-Farn bekannt. Seine hellgrünen, kniehohen und hand- bzw. fächerförmig ausgebreiteten Wedel auf straffen, dunklen Stielen erinnern an einen Rad schlagenden Pfau. Er zählt zu den langlebigen Farnen mit mäßigem Ausbreitungsdrang, bildet aber allmählich kräftige Stöcke, die sich vorsichtig teilen lassen. Für den kleinen Garten ist die Zwergform Adiantum pedatum 'Imbricatum'besser geeignet. Dieser zierliche Farn wird nur 10 bis 15 cm hoch und hat die gleichen Ansprüche wie sein größerer Bruder. Ein reizender Verwandter, der Himalajafrauenhaar-Farn oder Anmutiges Venushaar (Adiantum venustum) ist ebenfalls etwas graziler als der Pfauenrad-Farn. Er wächst höchstens 35 cm hochund besticht durch seine wunderschönen,frischgrünen Wedel. Mit einer schützenden Laubdecke ist auch dieser Farn winterhart.
Der heimische Wald-Frauenfarn (Athyrium filix-femina) zählt zu den bei uns weit verbreiteten und bekannten Farnen - eine wunderschöne Art mit 2 bis 3-fach gefiederten, hellgrünen Wedeln und einer Wuchshöhe bis zu 1m. Die Pflanze ist anspruchslos und passt sich im Garten auch weniger günstigen Standorten gut an. Mit den Jahren bildet diese genügsame Art eine mehrköpfige, breite Pflanze. In Katalogen findet man meist auch den Kamm-Frauenhaarfarn (Athyrium filix-femina 'Cristata') mit fein zerteilten Wedeln und die Zwergform Athyrium filixfemina 'Minutissima', die nur 30 cm hoch wird. Robust, ja nahezu unverwüstlich ist der heimische Gewöhnliche Wurmfarn (Dryopteris filix-mas), ähnlich wie der heimische Wald-Frauenfarn. Beide vertragen auch einmal vorübergehende Trockenheit, und der zählebige Wurmfarn macht sogar in zeitweise voller Sonne nicht schlapp - er ist ein wahrer Gartenschatz. Die breiten, dunkelgrünen Wedel sind trichterförmig angeordnet, und mit einer Wuchshöhe bis zu 1m gehört er zu den eindrucksvollen Farngestalten.
Aus Großbritannien stammen einige besondere Formen, z.B. der Steile Wurmfarn (Dryopteris filixmas 'Barnesii') mit wintergrünen, steileren und längeren Wedeln. Weitere schöne Formen sind D. affinis mit aufrechten, glänzenden Wedeln; der Kamm-Wurmfarn (D. cristata) mit breit gefächerten, kammartigen Fiederspitzen und der Rotschleier-Farn (D. erythrosora) mit dichten, 1 m hohen Wedelbüschen, die im Jugendstadium rötlich braun gefärbt sind. Naturvorkommen von D. cristata, früher im norddeutschen Tiefland häufig anzutreffen, sind geschützt. Ein ähnlich stattlicher Vertreter aus dem Farnreich kann an geeigneter Stelle spielend Meterhöhe erreichen. Die Rede ist vom heimischen Straußfarn oder Trichterfarn (Matteuccia struthiopteris), der sich an feuchten, lichten bis schattigen Gartenplätzen aufgrund seiner Wuchskraft zu zauberhaften Farnkolonien entwickeln kann. Mittels seiner flach im Boden umherstreichenden Ausläufer entsteht bald reiche Nachkommenschaft, deshalb Vorsicht! Der Straußfarn ist ein "Wucherfarn", der in wenigen Jahren einige Quadratmeter in Besitz nimmt. Sonnige Plätze sind abträglich, hier färben sich die schönen grünen Wedel bald braun. Wildbestände an Waldbächen und in Bachschluchten sind sehr selten geworden und nach der Bundesartenschutzverordnung geschützt.
Die Hirschzunge oder der Hirschzungenfarn (Asplenium scolopendrium, Phyllitis scolopendrium) gehört zu den ausgesprochenen Gartenfarnen. Wie die Hirschzunge verwenden wir übrigens grundsätzlich alle in diesem Artikel aufgeführten Farne als gärtnerisch vermehrte Kulturformen. Der Hirschzungenfarn gehört zu den wenigen kalkverträglichen Arten, deshalb liegen die Naturstandorte der bei uns urwüchsigen Pflanze meist in den Muschelkalkgebieten. Dort ist sie streng geschützt. Im Garten gedeiht die Hirschzunge in jedem normalen Gartenboden auch ohne Kalk, aber in schattiger Lage. Die zungenförmigen, glänzenden Wedel sind wintergrün und sehr zierend. Mit einer Wuchshöhe von ca. 30 cm passt der beliebte Farn auch in kleine Gärten. Von der heimischen Art sind einige interessante Kulturformen verbreitet: 'Angustifolia', der Schmale Hirschzungenfarn; 'Crispa', die wertvollste Form mit am Rande gewellten, hellgrünen Wedeln, oft fälschlich als 'Undulata' bezeichnet, und 'Cristata', ein Sonderling - die Wedel sind am Rande mehr oder weniger gekräuselt, und am Ende bilden sie einen großen rispigen Kamm. Diese Form ist auch unter dem Namen 'Capitata' bekannt.
Zwei Schildfarne sind vornehmlich für den Garten zu empfehlen: Der heimische Glanzschildfarn oder Dorniger Schildfarn (Polystichum aculeatum) gehört mit seinen bis zu 1 m langen und oberseits glänzenden Wedeln zu den schönsten, immergrünen Farnen unserer Flora. Die Art ist hier bei uns urwüchsig, sie gedeiht an schattigen und feuchten, steilen Hängen, vorzugsweise in Schluchtwäldern. Im Garten benötigt der Glanzschildfarn einen gut feuchten Platz unter lichtkronigen Gehölzen. Der Südliche oder Borstige Schildfarn (Polystichum setiferum) ist genauso schön wie sein Verwandter. Mit seinen ca. 60 cm langen, glanzlosen Wedeln, die doppelt gefiedert sind, bleibt er außerdem etwas kleiner als der Glanzschildfarn. Der Wedelstiel ist mit Spreuhaaren besetzt und ohne Fiedern, was ihn deutlich vom Glanzschildfarn unterscheidet.
Unter der Bezeichnung "Filigranfarne" existieren ferner von der Art wertvolle Kulturformen, die für den Garten besonders gut geeignet sind: 'Dahlem', 'Herrenhausen', 'Plumosum Densum'und 'Proliferum'. Die Form 'Proliferum', der Brutfiligranfarn, ist in Gärten weit verbreitet, nicht zuletzt deshalb, weil er auf der Mittelrippe der Wedel zahlreiche Brutknospen bildet. Ohne Übertreibung kann man die beiden Schildfarne als Krone des Gartenfarnreichs bezeichnen. Mit ihnen lassen sich im Garten attraktive und unverwechselbare, waldähnliche Partien gestalten. Alle heimischen Arten des Schildfarns wie P. aculeatum, P. braunii, P. lonchitis und P. setiferum stehen unter Artenschutz. Sehr hübsche Begleitpflanzen für alle bisher genannten Farne sind beispielsweise Hosta-Arten sowie die Formosa-Krötenlilie (Tricyrtis formosana) und die Wachsglocke (Kirengeshoma palmata).

Farne im Steingarten

Auch im Steingarten lassen sich Farne mit entsprechenden Eigenschaften ansiedeln und mit alpinen Pflanzen zu fast lebensechten Vegetationsgemeinschaften zusammenfügen. Der zwergige Pfauenradfarn (Adiantum pedatum 'Imbricatum') wurde bereits erwähnt. Ein Farn, der in seinen Ansprüchen nicht allzu wählerisch ist, nur genügend Feuchtigkeit verlangt. Die Mauerraute oder der Mauer-Streifenfarn (Asplenium ruta-muraria), eine lichtund kalkliebende Zwergform, fühlt sich auch in nicht zu trockenen Felsspalten wohl und bringt es fertig, selbst an zeitweise besonnten Mauern emporzuklettern. Der Braune Streifenfarn (Asplenium trichomanes), auch Steinfeder genannt, erreicht etwa die doppelte Wuchshöhe der Mauerraute. Zum guten Gedeihen benötigt dieser Farn humose,feuchte Erde am besten in einer Steinfuge im Mittagsschatten eines großen Steins. Bleiben wir bei den kleinen Farnen, dann gehört zweifellos der Milzfarn oder Schriftfarn (Asplenium ceterach, Ceterach officinarum) zu den botanischen Kostbarkeiten. Es heißt, dass dieser Farn seit prähistorischer Zeit bei uns eingebürgert ist. Heute kommt er leider nur noch sehr zerstreut und selten in wärmeren Gebieten vor. Die Wildart gilt als gefährdet bis stark gefährdet und ist geschützt. Zum bevorzugten Lebensraum gehören sonnige bis halbschattige, mäßig feuchte Felsspalten. Mit seinen bis zu 20 cm langen Wedeln schmiegt sich der Zwerg flach dem Untergrund an. Meist möchte man man dieses Kleinod bereits nach der ersten Begegnung besitzen, doch zufrieden stellend wächst die einmalig schöne Pflanze nur im Weinklima oder im Alpinenhaus. Auf Winterkälte und mehr noch auf Winternässe reagiert dieser Farn empfindlich, er verlangt also sorgfältigen Winterschutz.

Dr. Werner Mischke, Weil der Stadt
Artikel aus Obst&Garten (12/2001), mit freundlicher Genehmigung Verlag Ulmer, Stuttgart

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