Rhabarber
« Die Blütenstände lassen sich vor dem Öffnen als Gemüse nutzen, bis Ende Juni müssen sie ausgebrochen werden.
In China war Rhabarber bereits um 2700 v. Chr. als Heilmittel bekannt. Bei dem mit Sauerampfer verwandten Knöterichgewächs wurde zunächst nur die Wurzel genutzt (Rheum rhaponticum). Marco Polo brachte diesen Arzneirhabarber 1295 nach Europa. Der heutige Garten- oder Gemüserhabarber (Rheum rhabarbarum) setzte sich erst nach 1800 in Deutschland durch. Die fleischigen Blattstiele als Gemüse zu bereiten ist also eine vergleichsweise junge Entdeckung. Zunächst versuchte man die Blätter zu nutzen. Sie enthalten aber im Gegensatz zu den Stielen Anthrachinon und hohe Mengen Oxalsäure und dürfen keinesfalls gegessen werden.
« Durch Vlies lässt sich der Austrieb und damit die Stängelentnahme verfrühen
Stängelfarbe je nach Sorte
Nach der Stängelbeschaffenheit lässt sich Rhabarber in drei Gruppen einteilen: Grüner Rhabarber ist grünstielig und grünfleischig, er schmeckt herb und ziemlich sauer. Roter Rhabarber ist rotstielig, aber grünfleischig, weniger herb und säuerlich als grüner. Erdbeer-Rhabarber ist rotstielig und rotfleischig, er schmeckt am mildesten. Aufgrund seines leichten Himbeeraromas heißt er auch Himbeerrhabarber.
Da der Ertrag der rotfleischigen Sorte geringer ausfällt, ist er im Handel selten zu kaufen, hier dominieren rotstielige Sorten mit grünem Fleisch. Im Garten bieten sich jedoch die milden rotfleischigen Sorten an. Am bekanntesten ist `Holsteiner Blut`, die mittelfrühe Sorte liefert aber nur wenige und dünne Stangen, die innen nicht ganz durchgefärbt sind. 'Elmsfeuer' hat kräftig rotes Fleisch und bildet viele, lange Stangen. 'Red Valentine' ist relativ spät und hat kurze, durchgehend rote Stängel. Als besonders winterhart gilt die rotfleischige Sorte 'Vierländer Blut'. Ebenfalls innen und außen rot sind 'Campbell', 'Canada Red' und 'Crimson Red'. Zu den rotstieligen und grünfleischigen Sorten gehören 'Arrow' (früh, leuchtend rote Haut, sehr hoher Ertrag),'Emsjuwel' (alte norddeutsche Sorte mit intensiv roten Stielen), 'Frombozen Rood' (früh, langstielig, sehr robust, ertragreich), 'Goliath' (mittelspät, sehr große Stangen) und 'Sutton' (Komplex mehrerer englischer Sorten, meist mittelfrüh und ertragreich). Innen und außen grün sind 'Esta' (starkwüchsig mit langen Stangen), und 'Timperley Early' (sehr früh, sehr lange, zarte, aber brüchige Stängel, was nur im Verkauf eine Rolle spielt) und 'Rosara', ein sehr pflegeleichter, früher, zartstieliger 'Timperley'-Abkömmling. Auch 'Glaskin Perpetual' ist vorwiegend grünstielig, hat aber sehr geringe Oxalwerte und soll deshalb über den Juni hinaus essbar sein. Das wird auch dem Himalaya-Rhabarber (Rheum australe) zugeschrieben. Diese auch als Emodi-Rhabarber gehandelte grünstielige, rotblühende Art aus der Mongolei ist extrem frosthart, hat ein leichtes Apfelaroma und soll sehr zart, mild und auffallend säurearm sein.
« Die meisten Erwerbssorten sind mehr oder weniger rotstielig mit grünem Fleisch
Hilfreiche Anbautipps
Rhabarber ist eine ausdauernde Pflanze, deren Blätter über Winter absterben. Das stark verdickte Rhizom treibt im Frühjahr aus – gut 10 Jahre lassen sich die Pflanzen nutzen. Sie benötigen etwa 1 m2 Standraum. Rhabarber gedeiht zwar gut im Halbschatten, wird hier aber etwas später reif und liefert weniger Ertrag. Das ist im Garten oft zweitrangig, hier ist man oft froh, auch Kulturen zu haben, die mit weniger Sonne auskommen, um auch Randbereiche nutzen zu können. Der spätere Austrieb kann in Frostlagen durchaus vorteilhaft sein. Die jungen Blätter ertragen nur Spätfröste bis -3° C.
Die Rhizome lieben tiefgründigen, gehaltvollen, feuchten, aber gut durchlüfteten Boden mit pH-Werten zwischen 5,5 und 7,5. Sehr warmes, trockenes Klima und trocken-sandige Böden sind zwar auch möglich, dann muss aber gut gewässert, mit Kompost und Mulchschicht versorgt und auf Krankheiten geachtet werden. Grundsätzlich sind Anbaupausen von mindestens 5 Jahren am selben Standort einzuhalten.
SchwierigkönnenParzellensein, auf denen häufig Kartoffeln und Rübenarten standen, weil sich hier gerne Nematoden vermehren, die dem Rhabarberrhizom schaden. Grundsätzlich muss der Boden vor dem Pflanzen tief gelockert sein. Ideal ist eine Kompostgabe von 5 Liter je Pflanzloch. Pflanzzeit für Topfpflanzen ist ab Anfang Mai bis Ende August, unbewurzelte Rhizomstücke kommen im Herbst oder Frühling in den Boden. Im Prinzip ist auch Sommerpflanzung denkbar, dann muss aber besonders gut bewässert werden. Grundsätzlich darben Jungpflanzen rasch und stark, wenn es heiß und trocken ist.
Auch bei älteren Pflanzen sollte man nie vergessen, dass sie einen hohen Wasserbedarf haben. Optimal versorgte Pflanzen haben zartere Stängel. Auch nach Ernteende wird weiter gegossen. Nur wenn Rhabarber die gesamte Vegetationszeit gut mit Wasser und Nährstoffen versorgt ist, lagert er ausreichend Reservestoffe ein, um im Frühjahr wieder kräftig austreiben und reichlich Stangen liefern zu können. Die ausdauernde Pflanze spricht sehr gut auf organische Dünger wie Mist, Kompost und Hornspäne an – ideal sind grundsätzlich Dünger, die ihre Nährstoffe langsam freisetzen. Organisches Material hat zudem den Vorteil, dass es die Bodenstruktur verbessert, worauf gerade Rhabarber angewiesen ist. Wer dennoch Mineraldünger verwenden will, muss die Gaben sehr klein splitten, also am besten alle 4 Wochen kleine Mengen streuen und sollte zudem darauf achten, dass der Dünger ausreichend Kalium enthält.
« Rhabarber benötigt 1 m² Standraum. Die Stiele werden vorsichtig ausgebrochen, nicht geschnitten
Weinge Schaderreger
Im Garten zeigen sich selten Schäden am Rhabarber. Am ehesten machen Mäuse und Schnecken zu schaffen. Aber nur beim Austrieb oder extrem starkem Befall schädigen Schnecken deutlich durch Blattfraß und Fraßspuren an den Stängeln. Wurzelkrank- heiten zeigen sich nur, wenn die Bodenstruktur problematisch ist. Dann können Stängelgrundfäule (Phytophthora) und Violetter Wurzeltöter (Rhizoctonia) auftreten. Selten sind auch Blattflecken, Rostpilze (in Schilfnähe) und Falscher Mehltau (bei feucht-kühlem Wetter) zu sehen.
Da Rhabarber viele Jahre überdauert, kann es zu Virusinfektionen kommen. Mehrere Viren verursachen die Mosaikkrankheit. Die Viren gelangen über Nematoden oder verseuchte Mutterpflanzen in den Bestand. Zeigen sich Virussymptome, sollte man sofort Roden und an dieser Stelle 7 bis 8 Jahre keinen Rhabarber pflanzen. Die Symptome sind aufgrund der verschiedenen Viren recht vielfältig: Vergilbungen entlang der Blattadern, gelbe, gewölbte Bezirke zwischen den Adern, hellbraune Flecken mit rötlichem Rand oder braune Nekrosen am Blattrand.
Richtig ernten
Die Ernte beginnt im 3. Standjahr, im 2. Jahr kann man allenfalls 2 bis 3 Stangen entnehmen. Die Stängel werden seitwärts abgedrückt und lösen sich dann meist ohne starken Zug samt Nebenblättern an der Blattbasis ab. Keinesfalls mit dem Messer ernten und aufpassen, dass keine jungen Triebe verletzt werden! In der Erntephase bis Mitte Juni sind die Blütenstände frühzeitig bodennah auszubrechen, später erscheinende können aber stehen bleiben – sie sehen hübsch aus und erreichen bis zu zwei Meter Höhe. Kräftige, ertragreiche Sorten liefern 3 bis 4 kg Stangen je Pflanze. Dann genügen 1 bis 2 Pflanzen je Familie. Bei 1 °C und 90 % Luftfeuchtigkeit hält sich Rhabarber 3 Wochen im Lager, im Kühlschrank knapp eine Woche.
Aus Samen entstehen keine sortenechten Jungpflanzen, deshalb wird Rhabarber vegetativ vermehrt durch Wurzelrhizomteilung. Von alten, gesunden Stöcken schneidet man Rhizomstücke mit 3 bis 5 schönen Augen. Diese etwa 15 cm hohen Teile sollten erst leicht abtrocknen, damit die Schnittstellen im Boden nicht faulen. Entnimmt man im Sommer die Rhizomstücke, sollte man sie in Töpfen bewurzeln lassen und erst im Spätherbst setzen. Nach Vegetationsende oder kurz vor Vegetationsbeginn gewonnene Wurzelteile können sofort unbewurzelt gesetzt werden.
Rhabarberblüten sind ein aparter Blickfang
und eine gute Insektenweide »
Bezugsquellen
Rhabarber-Jungpflanzen im Container führt jede Gärtnerei, meist 'Holsteiner Blut'. Gut sortiert sind folgende Versender:
- Staudengärtnerei Gaissmayer,
Jungviehweide 3, 89257 Illertissen, Tel. 07303-7258,
www.pflanzenversand-gaissmayer.de - Deaflora, Dr.-Wolff-Str. 6,
14542 Werder-Glindow, Tel. 03327- 571519,
www.deaflora.de - Gärtnerei Naturwuchs,
Bardenhorst 15, 33739 Bielefeld, Telefon 0521-9881778,
www.naturwuchs.de - Kiefer Obstwelt,
Allmendgrün 20, 77799 Ortenberg, Telfon 0781-31518,
www.kiefer-obstwelt.de - Naturgärtnerei Strickler,
Lochgasse 1, 55232 Alzey, Tel. 06731-3831,
www.gaertnerei-strickler.de
Dr. Helga Buchter-Weisbrodt
Quelle:
Dieser Artikel ist in den Verbandszeitschriften „Unser Garten“, „Der Hessische Obst- und Gartenbau“ und „Ratgeber für den Gartenliebhaber“ (01/2014) erschienen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Unser Garten Verlag GmbH, Kulturzentrum Bettinger Mühle, Hüttersdorfer Straße 29, 66389 Schmelz, Telefon 06887 / 90 32 99 9, Telefax 06887 / 90 32 99 8,
www.unsergarten-verlag.de