Strauchbeeren im Garten
Himbeeren haben von jeher einen hohen Stellenwert als Gartenobst. Sie erfüllen eigentlich weniger den Anspruch auch zierenden Charakter zu haben. Wählt man aber die richtige Sorte, kann der vitale Habitus einer wüchsigen Himbeerhecke durchaus das Gesamtbild des Gartens aufwerten – junge Blätter bilden zudem eine ideale Teegrundlage. Eine kurze Himbeerreihe übernimmt je nach Standort auch die Funktion eines „Raumteilers“ oder Sichtschutzes; vorausgesetzt, der Bestand ist üppig gesund. Dies lässt sich nur mit wenigen Sorten erreichen. Allen gemeinsam ist die genetisch bedingte Widerstandsfähigkeit gegen den Mosaikviruskomplex, eine Krankheit, die von den allgegenwärtigen Blattläusen übertragen wird und selbst beim gesündesten Pflanzmaterial in wenigen Jahren rasch fortschreitende Abbauerscheinungen hervorruft. Es gibt nur eine Möglichkeit, dies zu verhindern, die sich aber im Garten nicht verwirklichen lässt: mehrmaliges Spritzen mit Insektiziden, um jeglichen Blattlausbefall zu unterbinden. Weitaus einfacher, zeitsparender, billiger und gesünder ist es, von vornherein eine Sorte zu wählen, die nicht von virusübertragenden Blattläusen befallen wird, die also resistent gegen den Mosaikviruskomplex ist. Es gibt inzwischen mehrere solcher Sorten mit ausgezeichneten Qualitätseigenschaften im Handel. Auf der Liste der anfälligen und für den Garten keinesfalls empfehlenswerten Sorten finden sich fast durchweg bekannte Namen. Zuallererst ‘Schönemann’. Diese mittelspät reifende Züchtung ist zudem für andere Krankheiten so anfällig, dass sie – abgesehen vom wenig aromatischen Geschmack – nicht in den Garten gehört. Den Sorten ‘Himboqueen’, ‘Himbostar’, ‘Malling Promise’, ‘Malling Exploit’ und ‘Resa’ fehlt ebenfalls die wichtige Blattlausresistenz. In manchen Gärten, besonders auf schweren, nassen Böden, kann Phytophthora-Wurzelfäule Probleme bereiten. Ist der Erreger im Garten, wird jede Anpflanzung unweigerlich befallen. Da es keine Bekämpfungsmöglichkeit gibt, muss man auf Himbeeren verzichten oder eine der wenigen dagegen resistenten Sorten pflanzen. Am ehesten im Handel erhältlich: ‘Rubaca’ (auch als ‘Niniane’ im Handel), eine Resistenzzüchtung aus Weihenstephan. Erst seit kurzem ist die ebenfalls aus Weihenstephan stammende ‘Weirula’ am Markt.
Bequeme Herbsthimbeere
Eine der schönsten Garten-Errungenschaften der letzten Jahre sind remontierende, zweimaltragende oder kurz als Herbsthimbeeren bezeichnete Sorten. Sie tragen an den einjährigen Ruten, also den Trieben, die im Frühjahr aufwachsen. Ausschneiden, Aufbinden, das lästige Gewirr von ein- und zweijährigen Ruten wie bei Sommerhimbeeren entfällt. Das einfache Gerüst lässt sich rasch und billig erstellen. Gepflanzt wird wie bei Sommerhimbeeren im Abstand von 50 cm. Nach Ernteende – je nach Region bzw. Frostbeginn Mitte Oktober bis Anfang Dezember – werden alle Ruten bodeneben abgeschnitten. Herbsthimbeeren leiden kaum an Rutenkrankheiten, da es keine zweijährigen Triebe gibt. Auch der unappetitliche Himbeerwurm (Larve des Himbeerkäfers) tritt nicht auf, da Herbsthimbeeren erst nach dessen Flugzeit blühen. Die älteren Sorten ‘Zefa 3 Herbsternte’, ‘Heritage’ und ‘Korbfüller’ reifen erst recht spät im Jahr, bringen geringe Erträge und sind nicht tolerant gegen Himbeermosaikviren. Deshalb empfiehlt sich für den Garten vor allem die ab Juli reifende schottische Züchtung ‘Autumn Bliss’. Die gelbfrüchtige Variante heißt ‘Golden Bliss’. In milden Regionen mit wenig Herbstregen und -nebel lassen sich bis weit in den Dezember hinein Früchte naschen – die ersten Minustemperaturen beenden die Erntezeit endgültig.
Vernachlässigte Brombeere
Es gibt keine Brombeeren mit Dornen – was Pflege und Ernte erschweren kann, sind botanisch gesehen Stacheln. Die Obstart mit ihren überaus gesunden Früchten lässt sich in verschiedenen Kategorien unterteilen: stachellose und bestachelte (bewehrte) Sorten oder in rankende und aufrecht wachsende Sorten. Im Bereich der rankenden Brombeeren hat sich das Sortiment in den letzten 20 Jahren nicht verändert.
Eine der aufrecht
wachsenden Sorten:
Cheyenne
Die geschmacklich unübertroffene, leider extrem bewehrte ‘Theodor Reimers’ ist ein Muss, wenn die Frucht intensiv nach Brombeere schmecken soll. Einfacher lassen sich stachellose Sorten kultivieren. Zu den ertragreichsten und geschmacklich noch am ehesten an Brombeeren erinnernden Sorten zählt unverändert ‘Chester Thornless’, die mit ihren auffallend großen, rosaroten Blüten auch eine richtige Gartenschönheit ist. Die weit verbreitete ‘Loch Ness’ (‘Nessy’), wächst leider nur auf besten Böden üppig. Immer noch im Angebot, aber für den Garten keinesfalls empfehlenswert, weil sie nicht schmecken und rasch faulen, sind die Sorten ‘Black Satin’, ‘Jumbo’, ‘Smoothem’, ‘Thornfree’ und ‘Thornless Evergreen’. Neu – zumindest auf dem hiesigen Pflanzenmarkt – sind aufrecht wachsende Brombeeren. ‘Wilsons Frühe’, die ebenfalls wie Himbeeren kompakt aufrecht wächst, gibt es zwar schon seit 150 Jahren, überzeugt aber im Hinblick auf die Fruchtqualität nicht. Neu am Markt sind die nach Indianerstämmen benannten Züchtungen ‘Cheyenne’ und ‘Choctaw’. Sie haben fast walnussgroße Früchte, die allerdings nur entfernt nach Brombeere schmecken. Auch die Winterfrosthärte lässt zu wünschen übrig. Neben diesen bewährten Sorten gibt es nun auch die stachellose, aufrecht wachsende ‘Navaho’, die etwas besser schmeckt und ertragreicher ist als ‘Cheyenne’ und ‘Choctaw’.
Dr. Helga Buchter-Weisbrodt
Mit freundlicher Genehmigung der Unser Garten Verlagsgesellschaft mbH., Kaiserstr. 77, 66133 Saarbrücken-Scheidt, Tel. 0681 / 81 20 40, Fax 0681 / 81 20 25. Erschienen in den August-Ausgaben 2003 der Verbandszeitschriften „Unser Garten“, „Der Hessische Obst- und Gartenbau“ und „Ratgeber für den Gartenliebhaber“.