Natur des Jahres 2020

Giftpflanze des Jahres
Die Tollkirsche
Die sehr giftige krautige Pflanze Schwarze Tollkirsche (Atropa bella-donna) ist im Wald relativ häufig zu finden. Sie zählt in einer Hitliste der giftigsten Pflanzen mit zu den Top-Ten. Diese oft etwa 1,50 m hohe Pflanze gehört zu den Nachtschattengewächsen und ist daher schon allein von ihrer Größe her augenfällig.
Die Blüten erscheinen zwischen Juni und August. Sie entwickeln sich zu Beeren, die im unreifen Zustand grün sind und sich bei Reife auffallend schwarz-glänzend verfärben. Die eigentlichen Früchte sind kleine Samen in der Beere. Vögel nehmen die Beeren auf und scheiden sie nach dem Passieren des Verdauungstraktes an anderer Stelle wieder aus – eine häufige Vermehrungs- und Verbreitungsstrategie von Pflanzen. Die Tollkirsche kommt in ganz Europa auf besser nährstoffversorgten Standorten an lichten Stellen bzw. in Waldlichtungen oder an Waldrändern vor.
Wie so oft liegen Giftigkeit und Heilwirkung eng beieinander bzw. es ist eine Frage der Dosis: der Wirkstoff Atropin ist in der Augenheilkunde bekannt als pupillenerweiterndes Medikament.
Reptil des Jahres
Die Zauneidechse
Ihre Männchen sind zur Paarungszeit leuchtend smaragdgrün und attraktive Werbeträger für die oft kritisch beäugten einheimischen Kriechtiere. Die streng geschützte Zauneidechse (Lacerta agilis) zählt zur Gattung der Smaragdeidechsen. Charakteristisch für die variabel gezeichneten Reptilien, die in Mitteleuropa meist 18 bis 20 cm Gesamtlänge erreichen, ist neben den prächtig grünen Flanken der Männchen eine braune Rückenfärbung mit dunklen Flecken und drei oft nur angedeuteten weißen Linien. Es gibt auch Farbvarianten wie Schwärzlinge, rotrückige und fast zeichnungslose Tiere.
Zauneidechsen sind relativ anpassungsfähige Reptilien, die keine hohen Ansprüche an ihre Lebensräume stellen. Sie bewohnen strukturreiche Flächen im Offenland, Saum- und bergangsbereiche an Wald- und Feldrändern, als Kulturfolger auch gerne Lebensräume in naturnahen Gärten oder entlang von Straßen, Bahnstrecken und Zäunen (daher ihr deutscher Name).
Leider verschwindet die früher allgegenwärtige Art zunehmend. Auf den Roten Listen der meisten deutschen Bundesländer wird die Zauneidechse bereits als gefährdet oder sogar stark gefährdet eingestuft.
Heilpflanze des Jahres
Die Wegwarte
heilend, schmackhaft & bienenfreundlich
Die Wegwarte (Cichorium intybus) ist wirksam bei Verdauungsbeschwerden und Appetitmangel. In der Erfahrungsheilkunde wird sie außerdem bei Schwächezuständen und Hautproblemen angewendet. Der nur leicht bittere Tee aus Wurzel oder Kraut wird meist auch von Kindern akzeptiert. Außerdem ist die Wegwarte ein bewährtes Mittel für eine entgiftende Frühjahrskur. Züchtungen der Wegwarte sind verschiedene bekannte Salatsorten, wie Radicchio und Chicorée. Die mehrjährige Pflanze gedeiht an Mauern, Bahndämmen, Straßen und auf Schutthalden. Die Blattrosette ist leicht mit dem Löwenzahn zu verwechseln. Am bis zu zwei Meter hohen Stängel sitzen die drei Zentimeter großen himmelblauen Blüten, von denen jedes Blütenblatt in fünf Spitzen endet. Das Leben jeder einzelnen Blüte dauert nur etwa sechs Stunden. Sind die Blüten verwelkt, ist die Pflanze unscheinbar und hebt sich kaum noch vor ihrem Hintergrund ab. Wildbienen naschen gern an den blauen Blüten und die Samen bereichern im Herbst die Speisekarte von Stieglitzen. Prominenz erlangte die Pflanze im 18. Jahrhundert, indem die geröstete Wurzel als Ersatz für den teuren Bohnenkaffee entdeckt wurde. Dabei etablierte sich der Name „Muckefuck“ – als Verballhornung vom französischen „Mocca faux“ (= falscher Kaffee).
Schmetterling des Jahres
Grüner Zipfelfalter
Der Bestand des auf der bundesweiten Vorwarnliste der bedrohten Arten stehenden Grünen Zipfelfalter (Callophrys rubi) geht an vielen Stellen in Deutschland deutlich zurück. So trifft das Artensterben auch Arten wie den Grünen Zipfelfalter, die keine besonderen Ansprüche an ihren Lebensraum stellen und sich von vielen unterschiedlichen Pflanzen ernähren. Die Raupen der grünschimmernden Falter fressen Blüten, Blätter und unreife Früchte von vielen verschiedenen Pflanzenarten. Auch die ausgewachsenen Schmetterlinge saugen Nektar an unterschiedlichen Blüten wie Hahnenfuß, Klee, Weißdorn oder Hartriegel.
Der Grüne Zipfelfalter gehört trotz seiner Farbe zu der Familie der Bläulinge. Er lebt auf strukturreichen offenen und halboffenen Standorten wie lichten Wäldern, Gebüschen, Wiesen und Heiden. Er fliegt von April bis Juli und ist anhand seiner leuchtend grünen Flügelunterseiten eindeutig zu erkennen. Der Schmetterling hat eine Flügelspannweite von etwa 25 Millimetern und gehört damit zu den kleinen Faltern. Die Weibchen legen die grünlichen Eier in der Nähe der Blütenknospen der Nahrungspflanzen ab. Auch die Raupen, die aus den Eiern schlüpfen, sind grün gefärbt. Die Überwinterung erfolgt als braune Puppe am Erdboden. Bei Störungen können die Puppen zirpende Geräusche machen.

Natur des Jahres 2019 im Überblick
- Arzneipflanze: Echter Lavendel
- Studienkreis „Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ an der Universität Würzburg
- www.uni-wuerzburg.de
- Bambus: Fargesia angustissima
- Europäische Bambusgesellschaft Sektion Deutschland
www.bambus-deutschland.de - Baum: Robinie
- Baum des Jahres – Dr. Silvius Wodarz Stiftung
www.baum-des-jahres.de - Blume: Fieberklee
- Loki Schmidt Stiftung Naturschutz Hamburg
www.loki-schmidt-stiftung.de - Boden: Wattboden
- Kuratorium Boden des Jahres
www.boden-des-Jahres.de - Einzeller: Dinoflagellat
- Deutsche Gesellschaft für Protozoologie (DGP)
www.protozoologie.de - Fisch: Nase
- Deutscher Angelfischerverband (DAFV)
www.dafv.de - Flechte: Finger-Scharlachflechte
- Bryologisch-lichenologische Arbeitsgemeinschaft für Mitteleuropa (BLAM)
www.blam-bl.de - Flusslandschaft: (2020/2021) Weiße Elster
- Naturfreunde Deutschland (NFD) und Dt. Angelfischerverband (DAFV)
www.naturfreunde.de; www.dafv.de - Gefährdete Nutztierrasse: Pustertaler Rind und Westerwälder Kuhhund
- Gesellschaft zur Erhaltung gefährdeter Haustierrassen
www.g-e-h.de - Gemüse: Gurke
- Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN)
www.nutzpflanzenvielfalt.de - Giftpflanze: Tollkirsche
- Botanischer Sondergarten Wandsbek
www.hamburg.de/giftpflanze-des-Jahres - Heilpflanze: Wegwarte
- NHV Theophrastus
www.nhv-theophrastus.de - Höhlentier: Mauerassel
- Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher
www.hoehlentier.de - Insekt: Schwarzblauer Ölkäfer
- Entomofaunistische Gesellschaft
www.entomofaunistische-gesellschaft.de - Kaktus: Zaunkaktus
- Deutsche Kakteen-Gesellschaft e. V.
www.dkg.eu - Landschaft: (2018/2020) Senegal/Gambia
- NaturFreunde Internationale (NFI)
www.nf-int.org; www.naturfreunde.de - Mikrobe: Gelbe Schleimkugel
- Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM),
www.mikrobe-des-jahres.de - Moos: Schönes Federchenmoos
- Bryologisch-lichenologische Arbeitsgemeinschaft für Mitteleuropa (BLAM)
www.blam-bl.de - Orchidee: Breitblättriges Knabenkraut
- Arbeitskreis Heimischer Orchideen (AHO)
www.europorchid.de; www.aho-hessen.de - Pflanzengesellschaft: Borstgrasrasen
- Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FlorSoz)
www.tuexenia.de - Pilz: Gemeine Stinkmorchel
- Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM)
www.dgfm-ev.de - Reptil: Zauneidechse
- Deutsche Gesellschaft für Herpeteologie und Terrarienkunde (DGHT)
www.dght.de - Schmetterling: Grüner Zipfelfalter
- BUND NRW Naturschutzstiftung und AG Rheinisch-Westfälischer Lepidopterologen
www.bund-nrw-naturschutzstiftung.de - Spinne: Gerandete Jagdspinne
- Arachnologische Gesellschaft (AraGes)
www.arages.de - Staude: Rutenhirse
- Bund deutscher Staudengärtner (BdS)
www.stauden.de - Streuobstsorten:
- Baden–Württemberg: 'Gelbe Waldbirne'
Landesverband für Obstbau, Garten- u. Landschaftsbau Baden-Württemberg e.V. (LOGL)
www. logl-bw.de - Hessen: 'Lippoldberger Tiefenblüte'
Landesgruppe Hessen des Pomologenvereins
www.pomologen-verein.de - Saarland / Rheinland-Pfalz: 'Große Prinzesskirsche' ('Napoleonkirsche')
Verband der Gartenbauvereine Saarland / Rheinland-Pfalz e.V.
www.gartenbauvereine.de - Vogel: Turteltaube
- Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU)
www.nabu.de - Waldgebiet: Ivenacker Eichen
- Bund Deutscher Forstleute (BDF)
www.bdf-online.de - Wildbiene: Auen-Schenkelbiene
- Arbeitskreis Wildbienen-Kataster
www.wildbienen-kataster.de - Wildtier: Maulwurf
- Deutsche Wildtier Stiftung
www.deutschewildtierstiftung.de
Zusammenstellung: Monika Lambert-Debong
Quelle:
Dieser Artikel ist in den Verbandszeitschriften „Unser Garten“, „Der Hessische Obst- und Gartenbau“ und „Ratgeber für den Gartenliebhaber“ (Januar/2020) erschienen.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Unser Garten Verlag GmbH, Kulturzentrum Bettinger Mühle, Hüttersdorfer Straße 29, 66389 Schmelz, Telefon 06887 / 90 32 99 9, Telefax 06887 / 90 32 99 8,
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